Jens Gehring


Arbeitet in der Ingeborg-Drewitz-Bibliothek 
Leiter der Kinder- und Jugendabteilung

(Steglitz-Zehlendorf / Öffentliche Bibliothek)


,,Grundsätzlich hatte ich den Beruf nicht absichtlich gewählt, denn ich wusste lange Zeit nicht, was ich machen soll. Nach meinem Abitur absolvierte ich 10 Monate meinen Wehrdienst bei der Bundeswehr. In der Zwischenzeit war ich gezwungen mich zu bewerben. Da kam der Beruf Fachangestellter für Medien- und Informationsdienste ganz neu auf den Markt. In der Ausschreibung der Zeitung wurde der Beruf noch anders beschrieben, da ging es vorrangig nicht um die Arbeit in einer Bibliothek, sondern um die Arbeit mit PC, Datenbanken und Menschen und ich war zunächst verwundert als ich zum Vorstellungsgespräch in die Zentral- und Landesbibliothek eingeladen wurde. Letztendlich lief aber alles gut und ich wurde dort als Auszubildender eingestellt.

Verkürzen konnte man die Ausbildung damals noch nicht, weil die Ausbildung erstmalig als anerkannte 3-jährige Berufsausbildung galt. Generell war die Ausbildungszeit für mich eine sehr schöne Zeit. Der schulische Teil war damals auch noch in den Anfängen und deswegen oft unkoordiniert. Es waren noch keine Lehrpläne fertig, es war sogar noch unklar welche Schulfächer überhaupt unterrichtet werden sollen. Doch die Lehrer waren sehr engagiert und die Atmosphäre angenehm.
Mein erstes Praktikum hatte ich in der Berliner Synagoge (Archiv-Praktikum). Danach in einer Bildagentur, woraufhin ich dort auch angestellt wurde und nebenbei mit dem fotografieren anfing. Zudem habe ich noch zwei weitere Praktika in einer wissenschaftlichen und einer öffentlichen Bibliothek absolviert. Die Möglichkeit zur Durchführung des Auslandspraktikums zog ich nicht in Betracht.

In der praktischen Ausbildung bei der ZLB ist es so, dass man zu Anfang des Jahres in die Abteilungen eingeteilt wird und die Leute in der Abteilung sich um die Auszubildenden kümmern. Es gibt natürlich ein Azubi-Zimmer, aber man bleibt den ganzen Tag in seiner Abteilung und wird mit in den Alltag eingebunden, das ist ganz wichtig.

2001 nach der Ausbildung wurde ich von der ZLB unbefristet übernommen und habe dann vollzeitbeschäftigt gearbeitet. Eingesetzt wurde ich in der Multimedia-Abteilung, so nannte sich das damals. Diese bestand aus den Fachbereichen Mathematik und Informatik. In dieser Zeit verbreitete sich die Internet-Nutzung in den privaten Haushalten und immer mehr Software wurde entwickelt. Diese Software, wie zum Beispiel Photoshop oder CorelDRAW, Musik-Programme oder Lernprogramme für Sprachen, stellten wir den Nutzern dann zur Verfügung und daraus entwickelte sich die sogenannte e-lernBar. Dort haben wir die Nutzer betreut und auch selbst Tutorials erstellt.
Als ich nebenbei anfing zu studieren (Bachelor und Master - Bibliothekswesen) habe ich in der ZLB nur noch auf einer Basis von 25% gearbeitet. Als ich dann nach dem Studium wieder eine Vollzeitstelle erhielt, wurde die e-lernBar geschlossen, weil sich das Projekt nach all den Jahren verlaufen hat und es die Abteilung so nicht mehr gab. Deswegen wurde ich in die Kinder- und Jugendabteilung der Amerika-Gedenkbibliothek versetzt und habe dort ein knappes Jahr gearbeitet.
Dass man seine Abteilung verlieren kann, damit muss man im Beruf als FaMI leben, aber ich war zufrieden mit dem Wechsel und habe 2014 eine Stelle als Leiter in der Kinder- und Jugendabteilung der Ingeborg-Drewitz-Bibliothek bekommen, wo ich derzeit beschäftigt bin und sowohl experimentieren als auch meine eigenen Ideen verwirklichen kann.

Wichtig für die zukünftige Ausbildung ist es, dass man in der Berufsschule den Stundenplan der Realität anpasst - man muss zum Beispiel nicht mehr unbedingt Titelaufnahmen in der Prüfung abfragen, das war damals der Standard für Bibliothekare, die noch mit Karten arbeiten mussten, aber wir arbeiten heute mit EDV und vorgegebenen Formularen.
Gerade zu Zeiten des Bibliothekartages stellt sich immer wieder die Frage, welche Zukunftsaussichten die Auszubildenden erwarten. Das Problem im Großen und Ganzen besteht darin, dass die Ausbildung in der Berufsschule sehr umfangreich gestaltet ist, aber sobald man wieder im Betrieb ist, sehr eintönige Arbeit verrichtet wird. Es gibt natürlich auch Ausnahmen, wenn man zum Beispiel nach der Ausbildung ein Lektorat bekommt. Ein weiteres Problem ist die Bezahlung. Der FaMI kann fast alle Arbeiten verrichten die in der Bibliothek anfallen und wird trotzdem nicht entsprechend bezahlt. Alle weiteren interessanteren Ebenen des Berufes kann man dann erst als studierter Bibliothekar durchführen und wird auch dementsprechend bezahlt. Grundsätzlich würde ich sagen, dass es sich also lohnt zu studieren und sich weiterzubilden, rate aber jeden von der Fortbildung zum Medienfachwirt ab. Hätte ich selbst nicht studiert, würde ich immer noch dieselben Arbeiten verrichten wie vor 16 Jahren.
Zudem sind die öffentlichen Bibliotheken den Bezirksämtern unterstellt und dürfen oft nicht genügend neue Leute einstellen, oder sind sogar gezwungen Stellen zu streichen und Bibliotheken zu schließen, da es kein Bibliotheksgesetz gibt und der Beruf auf einer sozusagen freiwilligen Ebene funktioniert.

Für meine berufliche Zukunft wünsche ich mir, dass es so bleibt wie bisher. Nach 16 Jahren bin ich da angekommen, wo ich hinwollte und wünsche mir natürlich auch, dass sich Erfolge zeigen werden.''